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Jul 01

Wie die Kraft der Stille dein Gehirn neu vernetzt und deine Gesundheit transformiert

“Unnötiger Lärm ist die grausamste Art von fehlender Fürsorge, die man Kranken oder Gesunden zufügen kann…”  ~ Florence Nightingale

In dieser Zeit ist es uns kaum mehr möglich ein paar wenige Augenblicke zu finden, in denen wir nicht der Kakophonie des modernen Lebens, die uns ständig umgibt, ausgesetzt sind. Dadurch, dass wir an 7 Tagen in der Woche rund um die Uhr Zugang haben zu Fernsehen, Video Streaming, Radio und allen Arten von digitaler Musik kann es sein, dass wir nicht eine Sekunde über das ständige auditive Bombardment auf unsere Ohren nachdenken. Wir bemerken auch nicht das übliche alltägliche Geschwätz von unseren Mitarbeitern, Freunden und Familien.

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Und dann gibt es da noch das unablässige Gebrumm der Rasenmäher, der Autobahnen, der Flugzeuge, Züge und Automobile. Aber die Wissenschaft hat herausgefunden, dass “Lärmbelästigung” sehr wohl unser geistiges Niveau herunter ziehen kann, die Gesundheit einschränkt, sowie den Stress und auch die damit verbundenen Hormone drastisch erhöht – und unglücklicherweise kann letzteres zu Gewichtszunahmen und zu Herzkrankheiten führen. Sogar ein niedriger Lärmpegel kann eine Reihe von unerwünschten Effekten nach sich ziehen. Das genügt, um einen verrückt zu machen – im wahrsten Sinne des Wortes.

In einer Welt, in der Lärm das Gegebene ist und man kaum eine andere Wahl hat, ist Stille so wertvoll, weil sie so ungewöhnlich ist.

Finnland hat darauf eine ganze Tourismusindustrie aufgebaut, in der Stille als Ressource mit eingängigen Markensprüchen wie „Bitte Stillsein“ und „Nicht reden, sondern handeln“ vermarktet wird. Der finnische Uhrenhersteller Rönkkö hat dieses Motto ebenfalls aufgegriffen und verkündet, ihre Produkte seien „handgefertigt in der finnischer Stille“. Auf der Suche nach einer immer schwerer fassbaren Ruhe geben Menschen Hunderte von Dollar aus für geräusch-unterdrückende Kopfhörer oder sie zahlen bis über Tausende für stille Meditations-Retreats. Aber Stille ist nicht nur einfach ein seltenes Gut, Wissenschaftler sind darüber hinaus dabei zu beweisen, was wir intuitiv schon wussten: Perioden der Stille sind gut für den Körper, den Geist und die Seele. Erst kürzlich wurde entdeckt, wie entscheidend Ruhe und Frieden für unser Wohlergehen ist.

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Eine glamouröse Welt ist eine ungesunde

Das englische Wort „noise“ (deutsch: Lärm) stammt vom lateinischen Wort nausea ab, was übersetzt Schmerz und Übelkeit  bedeutet – und genau das erfahren wir, wenn wir uns lauten Umgebungen aussetzen, besonders wenn wir geräuschempfindlich sind. Wenn Lärm ein chronisches Problem wird, leidet darunter letztlich unsere Gesundheit.

Daniel A. Gross schreibt in This Is Your Brain on Silence

“Studien zur menschlichen Physiologie helfen zu erklären, wie ein unsichtbares Phänomen einen solch ausgesprochen starken physischen Effekt haben kann. Klangwellen bringen die Ohrknöchelchen zum Vibrieren, die die Bewegungen an die Hörschnecke übermitteln. Die Hörschnecke wandelt physikalische Vibrationen in elektrische Signale um, die das Gehirn aufnimmt. Der Körper reagiert sofort und stark auf diese Signale, sogar mitten im Tiefschlaf. Die neurophysiologische Forschung vermutet, dass Lärm zuerst die Amygdala aktiviert: Cluster von Neuronen, die ihren Sitz im Temporallappen des Gehirns haben und in Verbindung zum Gedächtnis und zu den Emotionen stehen. Die Aktivierung hat einen sofortigen Ausstoss von Stresshormonen, wie Cortisol, zur Folge. Menschen, die ständig in lauten Umgebungen leben, haben oft chronisch erhöhte Werte an Stresshormonen.“

Diese Stresshormone beeinflussen stark die Gesundheit, da sie hohen Blutdruck, Schlaflosigkeit, Herzkrankheiten und Fettleibigkeit begünstigen. Unser immer höher steigender Lärmpegel wurde zu einem solchen Problem, dass die Weltgesundheitsorganisation WHO 2011 berichtete, dass Westeuropa (mit einer Bevölkerung von 340 Millionen Menschen) jährlich auf Grund von Lärm einen vergleichbaren Gegenwert von umgerechnet 1 Million Jahren an gesundem Leben verliere. Die WHO verzeichnete auch 3.000 Tote, die auf Herzkrankheiten zurückzuführen sind, welche in Verbindung mit einer starker Belastung durch Lärm stehen.

Weitere Forschungen, veröffentlicht im Journal Psychological Science, untersuchten wie sich die Umsiedlung des Münchner Flughafens auf die Gesundheit und das Lernverhalten von Kindern auswirkte. Gary W. Evans von der Cornell University fand heraus, dass die Kinder Stressreaktionen entwickelten, die ihnen halfen, den Lärm zu ignorieren, dass sie aber genauso auch andere Reize ignorierten – wie beispielsweise das-angesprochen-Werden. Die Kinder neigten dazu, die meisten Reize auszublenden, wenn sie lautem Lärm ausgesetzt waren, auch in Bereichen, wo sie aufmerksam hätten sein sollen.

„Diese Studie gehört zu den stärksten Beweisen, ist vielleicht sogar der eindeutigste Beweis dafür, dass Lärm – sogar in Stärken, wo er keinen Hörschaden bewirkt – Stress verursacht und für Menschen schädlich ist“, sagte Evans.

Zusätzliche Studien untermauern diese Ergebnisse. Lärmverschmutzung, so fand man heraus, hat einen negativen Einfluss auf kognitive Prozesse wie Aufmerksamkeit, Problemlösungen, Sprachfähigkeiten und Gedächtnis. Kinder, die in Haushalten leben oder Schulen besuchen, die nahe an Eisenbahnlinien, in Flugschneisen und an Autobahnen liegen, sind besonders gefährdet.

Süsse Stille

Während laute Umgebungen unserer Gesundheit schaden, trifft das Gegenteil bei stillen Räumen zu. Eine Studie, die im Journal Brain, Structure and Function veröffentlicht wurde, mass in einem Test die Auswirkungen von verschiedenen Arten von Lärm und Zeitperioden der Stille. Die Perioden der Stille sollten als Kontrolle dienen, aber es kam zu einer überraschenden Entwicklung. Als die Probanden zwei Stunden pro Tag der Stille ausgesetzt waren, wuchsen ihnen in der Hippocampus-Region des Gehirns – dem Bereich, der verbunden ist mit dem Gedächtnis, den Emotionen und dem Lernen – tatsächlich neue Zellen.

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Imke Kirste, eine Wissenschaftlerin für regenerative Biologie an der Universität von Duke und eine der führenden Forscherinnen glaubt, dass aufgrund der totalen Abwesenheit von Geräuschen das Umfeld so künstlich war – und möglicherweise so alarmierend – dass sich die Probanden in einem höchsten Alarmzustand befanden und infolge dessen die neuen Zellen erschufen. Was an dieser Entwicklung auch noch interessant ist, die Zellen schienen sich in funktionierende Neuronen umzuwandeln. „Wir sahen, dass Stille etwas Reales ist und den neu generierten Zellen hilft, sich als Neuronen zu differenzieren und in das System zu integrieren.“

Kirste hofft, dass diese Ergebnisse zu Behandlungs-Möglichkeiten für diejenigen führen werden, die an Demenz und Depressionen leiden, da diese Störungen mit der Abnahme der Neurogenese im Hippocampus verbunden sind. Stille könnte für solche Fälle als wesentliche Therapie genutzt werden.

Eine andere Studie, die im Journal Heart veröffentlicht wurde fand heraus, dass nur zwei Minuten Stille den Blutdruck und die Blutzirkulation im Gehirn positiv beeinflussten. Das Team entdeckte auch, dass diese Effekte stärker ausgeprägt in der Stille auftraten als beim Anhören von entspannender  Musik.

Die gute Nachricht ist, dass sogar wenn du unter Lärmbelastung gelitten hast, der Schaden abgemildert werden kann. Eines der besten Mittel dahin ist das „Waldbaden“ – auch bekannt als das japanische shinrin yoku


Quellen:

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