Stadtleben mit wenig Kontakt zur Natur erhöht das Risiko für Depressionen – darauf wiesen in der Vergangenheit zahlreiche Studien hin. Die Ursache für diesen Zusammenhang war jedoch bisher nicht geklärt.
Grübeln begünstigt Depressionen
Darum untersuchte ein Forscherteam der Stanford University in Kalifornien in einer aktuellen Studie, wie sich der Aufenthalt in Stadt und Natur auf das Gehirn auswirkt. Dazu befragten die Wissenschaftler 38 Männer und Frauen zu ihrer Neigung zu grübeln. Der Hintergrund: Wer viel grübelt, macht sich überwiegend negative Gedanken – und diese Angewohnheit erhöht das Risiko für Depressionen oder andere psychische Erkrankungen.
Zusätzlich analysierten die Forscher die Gehirnaktivitäten der Studienteilnehmer um herauszufinden, wie aktiv eine spezielle Region ihres Gehirns im sogenannten präfrontalen Cortex ist – dieses Gehirnareal ist bei depressiven Menschen besonders aktiv.
Im Anschluss machten alle Probanden einen 90-minütigen Spaziergang. Während eine Gruppe durch die Natur laufen durfte, machte die andere einen Stadtspaziergang. Danach wurden Befragungen und Hirnscan wiederholt.
Naturspaziergang stoppt Grübeleien
Das Ergebnis: Probanden, die durch die Natur spaziert waren, berichteten von weniger Grübeleien während des Spaziergangs als die Stadt-Spazierer. Analysen des Gehirns ergaben, dass auch die entsprechende Gehirnregion im präfrontalen Cortex nach dem Gang durch die Natur weniger aktiv war.
Das Fazit der Wissenschaftler: Bewegung in der Natur hemmt die Neigung, zu grübeln – darum sollten Städter sich regelmäßige Auszeiten im Grünen gönnen.
Spaziergang im Wald beruhigt Gehirn
Wir haben’s geahnt: Ein Spaziergang im Park ist das beste Anti-Stress-Programm. Wissenschaftler der Heriot-Watt University im schottischen Edinburgh belegen jetzt mit mobilen Hirnstrom-Messungen den erholenden Effekt eines Spaziergangs im Grünen. Studien-Gutachterin Jenny Roe: „Wir werden ruhiger und unser Geist wird klarer beim Wandern durch den Wald.“
Roes Kollegen berichten in der New York Times von ihren Versuchen. Ihre Ergebnisse veröffentlichten die Wissenschaftler im Fachblatt The British Journal of Sports Medicine.
Sie wollten wissen, was unser Gehirn ruhiger und fokussierter werden lässt und verkabelten die Denkorgane von zwölf jungen Probanden mit mobilen Elektro-Enzephalogramm-Schreibern (EEG). Die Elektroden steckten dabei in einer Mütze, die die Versuchspersonen auf dem Kopf trugen. Die zeichnten deren Gehirnströme auf und sendeten sie via Funkverbindung aufs Laptop der auswertenden Wissenschaftler.
Erstmals direkter Beweis für beruhigende Wirkung der Natur
So gelang es nun erstmals, Daten zu erheben, um eine seit langem behauptete These von der beruhigenden Wirkung einer natürlich grünen Umgebung auf den Menschen zu belegen. Bislang konnte diese lediglich indirekt bestätigt werden. Etwa durch den niedrigeren Cortisol-Spiegel im Speichel von Versuchspersonen, die im Wald spazierten. Wanderer, die durch die Straßenschluchten einer City schlenderten, hatten stets deutlich erhöhte Werte.
Da EEG-Messungen bis vor kurzem nur mit großen Apparaten möglich waren,maßen Mediziner bislang Hirnströme immer indirekt, wenn sie Probanden etwa Bilder von Parks oder einem Waldspaziergang vorlegten, während diese mit dem Wellenmessgerät verkabelt waren.
Jetzt gelang es, diese Messung direkt draußen vorzunehmen. So zeichneten die schottischen Mediziner die Aktivität der Gehirne auf, während ihre 12 Versuchspersonen durch unterschiedliche Stadtviertel Edinburghs streiften: einem historischen Einkaufsviertel mit wenig Verkehr, aber vielen Fußgängern-Wegen, einem Park und einem Rundgang durch ein umtriebiges Geschäftsquartier.
Ergebnis: Während die Gehirne der Spaziergänger im geschäftigen Viertel am meisten arbeiten mussten, waren jene der Wanderer im Park am ruhigsten. Das bedeute nicht, sagt Jenny Roe Jenny Roe, dass diese Probanden unachtsamer gewesen sind. „Auch eine Naturumgebung erfordert Aufmerksamkeit“, sagt die Wissenschaftlerin, „aber lässt gleichzeitig Raum zur Reflexion.“ Und das lindere den Stress, der für uns in hektischer Umgebung entstehe.
Sie empfiehlt daher, diesen wohltuenden Effekt viel öfter zu nutzen. Schon der Blick aus dem Fenster auf einen Park könne Ähnliches auslösen. „Noch besser“, sagt Roe: „Legen sie eine Pause ein und regenerieren sie bei einem kurzen Spaziergang durchs Grüne.“
Weitere Gesundvorteile des Waldspaziergangs
Über einen Spaziergang durch den Wald freut sich der gesamte Körper: In Waldluft schwebt bis zu 100-mal weniger Staub als an Straßen. Die Bäume bilden zudem bestimmte Pflanzenstoffe gegen Erreger und Schädlinge. Wenn wir diese Waldluft einatmen, stärkt das unsere Abwehrkräfte, aktiviert Krebs-Killerzellen und kann sogar vor Lungentumoren schützen. Schon ein einstündiger Waldspaziergang reicht, damit der Effekt eine Woche anhält.
Doch auch unsere Augen profitieren vom Ausflug ins Grüne. Denn im Alltag ist der Blick oft starr auf ein Objekt gerichtet (z. B. PC, Fernseher). Im Wald dagegen können die Augen wieder frei umherschweifen. Dabei entspannen sie sich – das beugt Kopfschmerzen und Konzentrationsstörungen vor.
Auch den Gelenken tut der Waldspaziergang gut. Denn die weiche federnde Unterlage aus Nadeln, Moos und Blättern dämpft die Stoßbelastung. Außerdem regt der leicht unebene Waldboden die Durchblutung der Beinmuskulatur an – ideal für Menschen mit Rücken- und Gelenkschmerzen. Darum eignet sich der Wald besonders gut für eine leichte Joggingrunde.
Quellen: pnas.org / praxisvita.de / ncbi.nlm.nih.gov
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