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Apr 03

Dein Garten, Dein Heiler – Der Biophilia-Effekt im wilden Garten

Der Garten tut uns Menschen gut. Das wissen alle Gärtnerinnen und Gärtner intuitiv. Doch wie weit das gesundheitsfördernde Potenzial des Gartens geht, belegt jetzt die Wissenschaft. 

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So stellte ein amerikanischer Wissenschaftler (R.S. ULRICH) durch detaillierte Versuche fest, dass der Anblick einer natürlichen Umgebung, z.B. von grüner Vegetation wie Bäume, Sträucher, Gras – im Gegensatz zum Anblick einer städtischen Umgebung – zu Stressabbau und Regeneration führen kann. Dies war durch physiologische Messungen an einer schnelleren und stärkeren Blutdrucksenkung, sowie der Senkung der Muskelspannung und der Leitfähigkeit der Haut ersichtlich.

Eine weitere Untersuchung zeigte, dass Krankenhauspatienten, die sich einem chirurgischen Eingriff unterzogen hatten, schneller das Krankenhaus verlassen konnten, weniger postoperative Komplikationen wie Kopfschmerzen oder Übelkeit hatten und weniger und schwächere Schmerzmittel benötigten, wenn sie aus ihrem Zimmerfenster Aussicht auf eine natürliche Umgebung (z.B. Bäume) hatten, als wenn der Blick auf eine Ziegelmauer traf.

Eine andere Studie zeigt umgekehrt, dass jugendliche Alkoholabhängige ausgesprochen wenig Bezug zur Natur (v.a. zu Pflanzen) haben. Möglicherweise hat also die Beziehung zu Pflanzen eine präventive Wirkung!

Im Garten finde der Mensch zu den Quellen des Ichs, hier entdecke er seine Natürlichkeit wieder, meinte Jean-Jacques ROUSSEAU. Und der Psychotherapeut und Gärtner Konrad NEUBÜRGER von der sozialtherapeutischen Gemeinschaft Hof Sondern (Wuppertal, Deutschland) meint, der Garten und die Therapie hätten eine Gemeinsamkeit. Beide ermöglichten Wachstum und Veränderung, indem sie die nötigen Bedingungen schafften.

Folgende positive Wirkungen auf die Gesundheit werden durch die Gartenarbeit erzeugt:

  • Abbau von Übergewicht
  • Lösen von Muskelverspannungen
  • Stärkung des Körpers und der Muskeln
  • Senkung des Blutdruckes (schon nach 8 min im Freien um 10%)
  • Beruhigung des Pulses, gleichmässige Herzfrequenz
  • Anregung von Herz und Kreislauf
  • Erhalt von lebenswichtiger UV-Bestrahlung
  • Selbst physiologische Wirkungen der Gartenarbeit konnten beobachtet werden:
  • Die Beschäftigung mit anderen Lebewesen lenkt ab: Eigene Ängste, Sorgen und Probleme treten in den Hintergrund und werden vermindert.
  • Der enge Kontakt zur Natur und das Erleben der ständigen Natur-Kreisläufe schenkt emotionale Stabilität und Gelassenheit.
  • Entwicklungen können beobachtet werden, und durch die Eigenaktivität ergibt sich die Möglichkeit, etwas zu bewegen und zu verändern, was einen Lebenssinn und eine Zukunftsorientierung stiften kann.
  • Steigerung des Selbstwertgefühls und der Zufriedenheit durch das Gelingen einer selbstgestellten Aufgabe. Damit steigt auch die Stimmung.
  • Ankurbelung des Stoffwechsels und des Immunsystems
  • Verbesserung der Grob- und Feinmotorik
    (z.B. Koordinationsfähigkeit, Gleichgewicht, etc.)
  • Verbesserung und Wiederherstellung diverser
    Körperfunktionen bei Behinderten

Und schliesslich können – v.a. bei der Arbeit mit Kindern – auch pädagogische Wirkungen erzielt werden:

Die Gartenarbeit regt zu vernetztem Denken an. 

  • lässt den Menschen Kreisläufe der Natur erkennen und bezieht ihn in diese wieder mit ein.
  • stiftet eine Identifikationsperspektive, indem Entwicklung
    als natürlicher, kontinuierlicher Vorgang wahrgenommen werden kann.
  • schafft eine Beziehung zur Natur. Was wir schätzen, schützen wir.
    Deshalb erzieht Gartenarbeit zu Naturschutz.

Der Wald als Vorbild für heilende Gärten

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Dank der modernen Forschung wissen wir, dass der Wald ein Ort der regen Kommunikation ist. Bäume, Sträucher und andere Pflanzen tauschen Informationen untereinander aus, zum Beispiel über Schädlinge, die im Anmarsch sind. Die Pflanzen, die diese Botschaften empfangen, aktivieren dann ihr Immunsystem. Sie warnen sich gegenseitig und kommunizieren sogar mit Nützlingen, um diese gegen Angreifer zur Hilfe zu rufen. Dazu benutzen sie “Pflanzenvokabeln”, das sind chemische Moleküle aus der Gruppe der Terpene. Waldluft ist voll damit.

Aus der Neuro-Immunologie wissen wir, dass auch unser Immunsystem ein kommunikationsfähiges Sinnessystem darstellt. Es ist wie eine organische Antenne, welche die Pflanzenfunksprüche im Wald auffängt. Unser Immunsystem reagiert darauf sogar auf ähnliche Weise wie die Pflanzen selbst. Kommen wir mit den gasförmigen Terpenen in Kontakt, steigen nachweislich die Anzahl und die Aktivität der natürlichen Killerzellen. Das sind Immunzellen, die Viren aus dem Körper entfernen sowie potenzielle Krebszellen töten. Auch Tumore werden von den Killerzellen bekämpft. Schon ein ausgedehnter Waldspaziergang vermehrt die Killerzellen um etwa 50 Prozent und macht sie aktiver. Zwei Tage in einem Wald führen sogar zu einer fast 70 prozentigen Steigerung. Das haben Waldmediziner einer medizinischen Universität in Tokyo herausgefunden. In Japan ist die Waldmedizin bereits durch das staatliche Gesundheitswesen anerkannt.

Auch die drei wichtigsten Anti-Krebs-Proteine, mit denen unser Immunsystem Krebszellen vergiftet, werden durch Waldluft gestärkt. Aber das ist noch nicht alles: Die Terpene in der Waldluft führen dazu, dass die Nebennierenrinde mehr von dem Herzschutzhormon DHEA produziert, das uns vor der koronaren Herzkrankheit und vor Gefäßverkalkung schützt. Bei Diabetes-Patienten ist sogar eine Senkung des Blutzuckerspiegels nachweisbar, um ein paar Beispiele aus der Waldmedizin zu nennen.

Grund genug, habe ich mir gedacht, meinen Garten zu einer Art “Wald vor der Haustüre” zu machen.

Heilende Gärten sind wilde Gärten

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Nein, der ständig kurz gehaltene, von Kräutern befreite und sterile Rasen mit dem Mähroboter ist es nicht, der den heilsamen Biophilia-Effekt des Waldes in den Garten bringt. Wer die medizinischen und psychologischen Aspekte der Natur zuhause kultivieren will, braucht Mut zur Wildheit und ist gut beraten, sich an den Wäldern ein Beispiel zu nehmen. Bäume von unterschiedlicher Höhe braucht ein heilender Waldgarten ebenso wie Sträucher und eine Krautschicht. Beerenpflanzen stehen nicht in Reih und Glied, sondern wachsen – wie im Wald – zwischen den Bäumen und ranken an ihnen empor. Himbeeren und Brombeeren, Cranberries und Blaubeeren, kommen ohne weiteres sogar im Schatten unter den Bäumen klar und enthalten eine Vielzahl an Inhaltsstoffen, die antioxidativ wirken und somit vor Krebs schützen.

Dass wir antikanzerogene Pflanzenstoffe auch einatmen können – in Form der Terpene aus der Pflanzenkommunikation – ist eine Erkenntnis der modernen Waldmedizin. Bäume geben besonders viel davon ab und Nadelbäume wie Zeder, Kiefer, Fichte und Tanne haben dabei die Nase vorn. Wer wenig Platz hat, pflanzt einfach Zwergsorten. Auch Obstbäume gibt es als platzsparende Säulenbäume, die in jeden Vorgarten passen. Ein Mini-Waldgarten ist besser als keiner.

 

Lege eigene, sonnige Bereiche für die Gemüse- und Kräuterbeete an – und für dich selbst, denn Sonnenlicht tut uns psychisch gut, indem es die Ausschüttung des Glückshormons Serotonin fördert. Auf der körperlichen Ebene fördert es die Bildung von Vitamin D. Dass Waldgärten nie so dicht sein werden wie ein “echter” Wald, kommt unseren archaischen Gehirnanteilen zugute.

Wilde Gärten schützen vor Burnout

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Lichte Baumbestände lassen das Reptiliengehirn und das limbische System, unsere unbewussten Alarmsysteme, auf Entspannen schalten. Flucht- und Kampfimpulse werden herunter gefahren. Das senkt, wie Forscher messen konnten, die Stresshormone im Blut und hilft Burnout-Patienten ebenso wie Menschen mit ADHS, innere Unruhe abzubauen. Der Parasympathikus, das ist der Nerv der Ruhe, wird aktiviert und Panikattacken treten in lichten Baumbeständen weniger häufig auf als in der Stadt.
Der Waldgarten – ein lichter Baumbestand – ist der ideale erweiterte Lebensraum für den Menschen.

Abstand von der Gesellschaft – Mitten im Garten

Die international einflussreichen Umweltpsychologen Rachel und Steven Kaplan haben belegt, dass wir in naturnahen, wilden Gärten viel besser Abstand von Problemen gewinnen können als in sterilen Gärten. Sie nennen diese Dienstleistung der Natur “Being-away” – also “Weg-sein”: Abstand von der belastenden Arbeit, von sozialen Störfaktoren – ein Waldgarten bietet uns Rückzug, ohne dass wir dazu weit gehen müssten.

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Alleine schon der Gartenblick hilft. In den 1980er-Jahren gelang der erste Beweis für den Biophilia-Effekt. Roger Ulrich, ein schwedischer Professor für Medizinwissenschaft, veröffentliche in SCIENCE den unbestrittenen Nachweis, dass alleine der Ausblick durch ein Krankenhausfenster auf Bäume dazu führt, dass Patienten nach Operationen eine schnellere Wundheilung erfuhren, signifikant weniger Schmerzmittel benötigten und auch schwächere, und dass sogar die postoperativen Komplikationen geringer waren als bei der Vergleichsgruppe, die nur auf eine Hausmauer blicken konnte. Also pflanzen sie Bäume vor ihrem Fenster – in ihrem Waldgarten.

Mehr über den Biophilia-Effekt

Das waren ein paar Beispiele, wie wilde Gärten und die Natur uns vor Krankheit schützen und Heilung fördern.

Falls du mehr darüber zu erfahren möchtest, dann empfehlen wir dir das Buch

“Der Biophilia-Effekt — Heilung aus dem Wald”

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