Faszinierend: Pilzgeflechte vernetzen Bäume wie das Internet unsere Computer. Forscher sprechen deshalb vom „Wood Wide Web“. Bäume tauschen darüber Nachrichten aus und warnen sich vor Trockenheit, Giftstoffen oder Schädlingen. Jeder Baum kann dabei bis zu 15 Pilze gleichzeitig zum Freund haben. Und ein einziger Pilz kooperiert mit bis zu 20 Bäumen.
Dieses Info-Netz ist mindestens so groß ist wie das World Wide Web. So besitzt z. B. schon eine einzige Roggenpflanze 13 Millionen Wurzelfasern mit einer Gesamtlänge von 600 Kilometern. An jeder davon wachsen Wurzelhärchen: etwa 14 Milliarden, die aneinandergereiht eine Länge von 10.600 Kilometern ergeben – die Entfernung von Pol zu Pol.
Forscher um Zdenka Babikova und David Johnson von der University of Aberdeen stellten fest, dass Ackerbohnen, deren Wurzeln über Pilzfäden mit einer durch Gift angegriffenen Pflanze verbunden waren, innerhalb von 24 Stunden selbst begannen, ihre Abwehrmechanismen zu aktivieren. Offenbar hatten die Pilze die Nachricht von der drohenden Gefahr weitergeleitet. Es war die erste Studie, die belegte, dass Signale nach einem Überfall von Fressfeinden über das Pilzinternet übermittelt wurden.
Bei der Kommunikation innerhalb des wood wide web, wie man heute so schön sagt, da spielen Pilze eine entscheidende Rolle, nämlich symbiotisch, also in Gemeinsamkeit mit den Pflanzen arbeitende Pilze, die den Pflanzen helfen, die Nährstoff zu erschließen. Und dieses unterirdische System von Pilzfäden existiert für jeden Baum und dieses ist eventuell über die ganze Erde verteilt, sodass also ein unterirdisches Kommunikationssystem für die Pflanzen über das Pilzsystem besteht.“
Die Fäden der Pilze dringen in die Wurzelzellen ein, verwachsen mit ihnen und verbinden die Wurzeln untereinander. Der Informationsaustausch erfolgt über im Wasser lösliche Botenstoffe, die von den Wurzeln quasi wie E-Mails gelesen werden können. Sind die Pflanzen in der Nachbarschaft Verwandte oder Fremde? Nähern sich schädliche Bakterien, Pilze oder Tiere? Wertvolle Informationen, die die Wurzel braucht, um Hilfe zu holen, Abwehrsysteme zu aktivieren oder ihr Wachstum flexibel auf die Lage ein zustellen. Pflanzenwurzeln arbeiten nicht nur mit chemischen Signalen. Vor kurzem fanden Wissenschaftler auch elektrische Signale.
Mit einem Zentimeter pro Sekunde bewegen sich die elektrischen Signale vorwärts, ähnlich langsam wie die Nervensignale in Quallen oder Würmern. Die Impulse fließen durch die dünnen Röhren, die die Pflanze mit Nährstoffen versorgen. Wozu aber brauchen Pflanzen Strom? Weil auch sie manchmal schnell reagieren müssen. Wenn eine Wurzel auf Gift stößt, wächst sie bereits nach wenigen Sekunden in eine andere Richtung – so rasant lässt sich eine Botschaft nur elektrisch übermitteln. František Baluška, Professor an der Universität Bratislava in der Slowakei und Leiter einer Forschungsgruppe am Institut für Zelluläre und Molekulare Biologie der Universität Bonn:
„Wurzeln befinden sich manchmal in gefährlichen Situationen. Es gibt toxische Areale, wasserlose, zu salzhaltige und manchmal auch einfach Steine. Diese Gebiete muss die Wurzel meiden. Und es gibt einige Hinweise, dass Wurzeln solche Gefahren irgendwie spüren können. Dann zeigen sie ein Vermeidungswachstum. Die Wurzel biegt nach links oder rechts ab und wächst um dieses Gebiet herum. Im Falle von Steinen wachsen sie typischerweise auf den Stein zu, scannen seine Oberfläche und finden dann den freien Platz, wo sie wieder nach unten Richtung Schwerkraft wachsen.“
Mykorrhiza – Wood Wide Web
Für mich ist der erstaunlichste Aspekt des Pilzreiches das Mykorrhiza. Wenn Sie dachten die Darstellung im Film Avatar sei unrealistisch, wie die indigenen Völker, Tiere und Pflanzen miteinander über eine Art Faser verbunden sind, dann wissen Sie nun, dass die Filmemacher ihre Inspiration aus dem Mykorrhiza zogen (aus biologischer Hinsicht war der Film Avatar generell insgesamt äußerst realistisch.). Was über der Erde als „Pilz“ wächst, ist nur ein winziger Teil des tatsächlichen Pilzorganismus. Der tatsächliche Pilz nimmt eine Fläche von Hunderten von Quadratmetern ein und ist unterirdisch in Form eines Myzels aus Pilzfäden versteckt. Ein Korb voll in einem kleinen Bereich gesammelter Pilze kann leicht von einem einzigen Pilzmyzel stammen. Pilze sind offenbar ebenfalls die schwersten Organismen der Welt – das Gesamtgewicht der unterirdischen Fasern eines einzigen Pilzes wurde auf bis zu 200 Tonnen geschätzt. Die Pilzfasern verbinden auch die meisten Bäumen und Pflanzen innerhalb eines Waldes, ein Phänomen, das kürzlich die Bezeichnung „Wood Wide Web“ erhielt. Pilze spielen unterirdisch eine Rolle als Bergleute, die Mineralien abbauen und diese dann für Zucker und andere Leckereien an die Pflanzen „verkaufen“. Es stellte sich heraus, dass die Bäume teilweise bis zu 50% der gesammelten Sonnenenergie an die Pilze weitergeben. Inwieweit die Waldorganismen über das „Wald-Netz“ miteinander kommunizieren, ist Gegenstand der aktuellen Forschung, aber ich persönlich bin der Hypothese zugeneigt, dass sich Pilze und Bäume im Wald persönlich kennen und Handel mit den Partnern betreiben, mit denen es am lohnenswerten ist. Bei der Orchidee wurde bewiesen, dass die keimenden Pflanzen abhängig sind von der Ernährung durch Pilze, wofür sie sich im Erwachsenenalter revanchieren. Es gibt eine Hypothese, welche besagt, dass die Pilze in ähnlicher Weise dem Wachstum von Baumsprösslingen helfen.