Ein Beitrag von Gerd Schiefer:
Ich habe schon die Bibel gelesen, den Koran und auch Hitlers „Mein Kampf“. Nicht etwa, weil ich sie toll finde, sondern weil ich zu bestimmten Themen mitreden können möchte.
Nach meiner Meinung haben alle Werke eines gemeinsam:
Die glühendsten Verfechter scheinen die Inhalte selbst nie komplett gelesen zu haben.
Jetzt habe ich mir mal ein anderes Meisterwerk vorgenommen und auch da scheinen die Fans nicht zu wissen, worum es eigentlich geht. Bevor ich verrate, von welchem Werk die Rede ist, hier mal ein Zitat daraus:
„Schließlich werden wir auf personenbezogene Daten zugreifen, diese offenbaren und bewahren, einschließlich privater Inhalte (wie der Inhalt Ihrer E-Mails und andere private Mitteilungen oder Dateien in privaten Ordnern), wenn wir in gutem Glauben sind, dass dies notwendig ist, um: Geltende Gesetze einzuhalten oder auf gerichtliche Verfahren zu antworten, einschließlich denen von Strafverfolgungsbehörden oder anderen staatlichen Stellen.“
Bitte lest Euch dieses Zitat noch einmal durch, ganz langsam. Und versucht mal zu begreifen, WAS da steht.
Nein, das ist kein Filmzitat aus George Owells „1984“. Es stammt auch nicht aus einem Arbeitsvertrag mit der NSA. Es handelt sich lediglich um einen kleinen Auszug aus den Datenschutzbestimmungen von Microsoft, die mit der Installation von Windows 10 automatisch akzeptiert werden.
Ich übersetze das Zitat mal in Klartext:
Notice
„Wir speichern bei uns Daten von Deinem Rechner. Auch Deine privatesten Dateien, die Du selbst nie ins Internet stellen würdest. Wir kopieren uns die Inhalte all Deiner Dokumente und E-Mails, holen sie uns über das Internet, ohne dass Du es mitbekommst. Wir lesen sie und werten sie aus, wenn wir es für nötig halten. Das müssen wir Dir nicht weiter begründen. Außerdem geben wir diese Daten ohne Deine weitere Zustimmung an Fremde weiter, die dann damit machen können, was sie wollen.“
Notice
„Wir speichern bei uns Daten von Deinem Rechner. Auch Deine privatesten Dateien, die Du selbst nie ins Internet stellen würdest. Wir kopieren uns die Inhalte all Deiner Dokumente und E-Mails, holen sie uns über das Internet, ohne dass Du es mitbekommst. Wir lesen sie und werten sie aus, wenn wir es für nötig halten. Das müssen wir Dir nicht weiter begründen. Außerdem geben wir diese Daten ohne Deine weitere Zustimmung an Fremde weiter, die dann damit machen können, was sie wollen.“Wer von Euch arbeitet bereits mit Windows 10 und hat die AGB und Datenschutzbestimmungen komplett gelesen und verstanden?
Noch ein paar Highlights, wenn man Windows 10 installiert:
– Alle eingegebenen Daten (nicht nur über Tastatur) dürfen von MS gespeichert und ausgewertet werden.
– VOIP-Telefonate dürfen mitgeschnitten und inhaltlich (nicht nur zur Qualität) ausgewertet werden.
– Der aktuelle und die ehemaligen Standorte des Rechners werden gespeichert und von MS ausgewertet.
– Die Browser-History, also eine Liste aller aufgerufenen Internetseiten, wird zur Auswertung an MS geschickt.
– Der Suchverlauf (auf dem eigenen Rechner, nicht nur im Internet) wird an MS geschickt und ausgewertet.
– Informationen über im Internet getätigte Käufe werden gesammelt und ausgewertet.
– An den Rechner (egal ob Smartphone, Tablet, Laptop oder PC) angeschlossene Hardware kann jederzeit ohne weitere Zustimmung des Benutzers aktiviert werden, zum Beispiel Kamera oder Mikrofon.
– Daten über die Anwendungsnutzung, also welche Hard- und Software wann und wie oft genutzt wird, werden an MS gesendet und ausgewertet.
Das alles ganz ohne selbst aktiv Daten ins Internet zu schicken!
Wer also meint, nicht betroffen zu sein, weil er „die Cloud“ (von der die meisten gar nicht wissen, was das überhaupt ist) nicht benutzt, der irrt!
Selbstverständlich kann man einige der Punkte in den Einstellungen deaktivieren oder mit Zusatztools entschärfen. Aber welcher normale Benutzer macht das schon?
Außerdem schickt der Rechner dann noch immer Daten inklusive einer eindeutig identifizierbaren Computer-ID an Microsoft! Ohne Wissen bzw. gegen den Willen des Benutzers.
Offiziell dient die Schnüffelei der „Verbesserung von Windows“, was auch immer wir uns darunter vorzustellen haben. Fakt ist aber, dass eine Kombination aller Daten ein umfassendes Profil eines jeden Benutzers von Windows 10 auf dieser Welt zulässt.
Wer jetzt meint, dass mein Beitrag nur Panikmache sei, der sollte sich mal folgende Artikel vornehmen:
– Gerd Billen, Staatssekretär im Bundesjustizministerium, warnt in der Wirtschaftswoche vor Windows 10:
– In der Schweiz nimmt man Windows 10 besonders kritisch unter die Lupe und selbst ein Verbot scheint zumindest für Behörden und Ämter nicht mehr ausgeschlossen:
http://www.padcom.ch/windows-10-koennte-in-der-schweiz-verboten-werden
– Warnung der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz:
https://www.verbraucherzentrale-rlp.de/windows-10—Ueberwachung-bis-zum-letzten-klick-1
Hinzu kommen noch einige Nachteile, die Windows 10 zusätzlich mitbringt. Hat man zum Beispiel ein Update (das man ab Windows 10 nicht mehr verweigern kann) durchgeführt, wird man selbst zum Verteiler dieses Updates für andere. Die Bandbreite für den Upload wird damit belastet, was besonders Nutzer von VOIP-Telefonen und Internetspieler schon zu spüren bekamen. Es gab auch schon Fälle, in denen Provider Benutzern den Internetzugang gedrosselt haben, weil das vorgesehene Uploadvolumen damit überschritten wurde.
Auch hier könnten mir „Fachleute“ entgegenhalten: „Das kann man doch ausschalten!“
Stimmt. Aber wer von Euch wusste bis gerade, dass es die Problematik überhaupt gibt? Und wer von Euch könnte mir jetzt auf Anhieb vorführen, wo und wie man diese Einstellung deaktiviert?
Aus dem Bekanntenkreis habe ich bis jetzt immer nur gehört:
„Was soll der Trubel um Windows 10? Alles Panikmache! Ich bin umgestiegen und bei mir funktioniert alles einwandfrei.“
Stimmt – der Meinung wird Microsoft sicherlich auch sein. Und sich dabei die Hände reiben.
Und wenn es kein Argument mehr gibt, folgt oft ein Schulterzucken mit der Aussage:
„Egal, ich habe eh nichts zu verbergen.“
Das ist interessant, wenn man sich noch mal das Verhalten der Deutschen im Jahr 1987 vor Augen führt, als die vorletzte deutsche Volkszählung stattfand. Ein sehr lesenswerter Artikel übrigens, aus heutiger Sicht geradezu erheiternd:
http://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/zensus-debakel-in-den-achtzigern-und-bist-du-nicht-willig-a-754320-2.html
Daten, die damals (noch anonym) gesammelt wurden, können heute problemlos zusammen mit vielen weiteren Informationen und dann auch noch personalisiert und auf eine bestimmte Person zurückverfolgbar gesammelt, ausgewertet und weitergegeben werden. Auch dank Windows 10!
Als Kind habe ich mal gelernt:
„Nimm keine Bonbons von fremden Onkels!“
Und was machen heute die meisten Erwachsenen?
„Oh, Windows 10 ist kostenlos! Und nur für kurze Zeit zu haben! (Anmerkung: Mindestens 1 Jahr, mit Sicherheit aber länger) Also ZUGREIFEN ZUGREIFEN ZUGREIFEN!“
Es ist doch schön, wie artig die Menschen nicht nur in Deutschland diesem Wunsch unserer Bundeskanzlerin folgen:
http://winfuture.de/news,87481.html
Etwas detaillierter wird es hier beschrieben:
https://netzpolitik.org/2015/merkel-stellt-sich-gegen-datenschutz-und-netzneutralitaet
Ein Punkt, der für mich völlig unverständlich ist:
Wir Deutschen bilden uns so viel auf unseren Entwicklungsstand ein.
Dabei leben wir in der digitalen Steinzeit!
Internet ist „Neuland“, Abgeordnete wissen nicht mal, was ein Browser ist, es gibt kein IT-Ministerium. Stattdessen haben wir einen „Minister für Verkehr und digitale Infrastruktur“, weil doch die Datenautobahn irgendwas mit Straßen zu tun haben muss.
Und dann hört man von völlig weltfremden Vorschlägen, wie etwa zur Archivierung eine Kopie des Internets zu erstellen (kein Witz, ernsthafter Plan der deutschen Nationalbibliothek) oder Sendezeiten und Altersbeschränkungen für Internetseiten durchzusetzen. Oder eine äußerst hilfreiche Anzeige von „Stoppschildern“, anstatt illegale Seiten tatsächlich aus dem Netz zu entfernen.
Und solchen Entscheidungsträgern, die absolut nullkommagarkeine Ahnung von der Materie haben, überlassen wir es, über unsere digitale Zukunft zu entscheiden?
Beeinflusst von einer Lobby, die den Menschen nur noch als Ware sieht?
Da frage ich mich langsam: Wo liegt eigentlich der genaue Unterschied zur damaligen Sklaverei?
Die Sprachassistentin Cortana in Windows 10 wird von zahlreichen Nutzern als Innovation von Microsoft gefeiert. So finden viele Nutzer äußerst witzig, wenn sich die digitale Sprachassistentin nach dem persönlichen Befinden des Nutzers erkundigen möchte oder fragt, wie sie denn dem Nutzer behilflich sein kann. Im wahren Leben bekommen Kinder von ihren Eltern auf dem Weg mitgegeben, fremden Leuten weder zu folgen, noch diesen persönliche Auskunft über privates zu geben. Bei der digitalen Sprachassistentin Cortana indes ist dies offenbar völlig anders.
Nachtrag:
Einen Tag, nachdem ich diesen Artikel geschrieben habe, bin ich doch positiv überrascht, wieviele Menschen sich noch für das Thema interessieren. Ich hatte den Eindruck, dass es kaum noch einen juckt.
Mittlerweile ist noch einiges mehr bekanntgeworden. U.a. dass Microsoft sich das Recht vorbehält, private Dateien auf privaten Windows-Rechnern zu löschen, wenn sie „nicht dem Gesetz entsprechen“. Wessen Gesetz eigentlich?
Noch schlimmer: Bei Windows 7 und Windows 8 wurde nachgerüstet. Über insgesamt 4 Updates hat man nahezu alle Schnüffeltools aus Windows 10 auf die vorherigen Betriebssysteme übertragen! Und das teils schon vor Wochen! Jetzt sind also so gut wie alle Windows-Benutzer betroffen, egal welcher Version!
Ich habe mir deswegen mal die Mühe gemacht und eine sehr detaillierte und hoffentlich verständliche Anleitung geschrieben, wie man diese Schnüffeltools von seinem Win7- oder Win8-Rechner herunterbekommt:
www.schiefer-abc.de/antispy
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